Historische Forschung basiert auf präzisen Fragestellungen, die mit Hilfe von Quellen und unter Beizug wissenschaftlicher Literatur methodisch sauber aufgearbeitet werden. Was aber passiert, wenn man den Prozess umkehrt und auf der Grundlage eines Quellenkorpus versucht, Fragen und Analysen zu generieren?
Im Seminar nähern wir uns dem „jungen" Schweizer Bundesstaat aus der Perspektive der frühen Bundesratsprotokolle. In den im 19. Jahrhundert noch handschriftlich erstellten Protokollen werden alltägliche Geschäfte wie die Besetzung von Posthalterinnen behandelt, aber auch Verträge mit anderen Staaten abgeschlossen, (berittene) Truppen mobilisiert oder Gesetze zum Schutz von Weinbergen erlassen.
Diese zentrale Serie des Schweizerischen Bundesarchivs liegt digital vor und umfasst mehr als 150’000 Seiten. Um diese Masse an Materialien zu bändigen, benutzen wir digitale Herangehensweisen, die teilweise auf maschinellen Lernverfahren basieren und in den Bereich des „Distant Reading“ gehören. Parallel dazu werden wir aber auch „klassische“ Herangehensweisen für die Auswertung der Protokolle nutzen, etwa Volltextsuchen oder die Kontextualisierung mit anderen Dokumenten und historischer Literatur. Technische Auswertungen und historische Analysen werden zusammen gedacht und neue Auswertungsszenarien diskutiert.
Es werden keine informatischen oder paläographischen Grundkenntnisse vorausgesetzt, jedoch die Offenheit, sich mit digitalen Technologien auseinanderzusetzen.
Learning outcomes
Die Studierenden verstehen die Anfänge des Bundesstaates aus einer zentralen Dokumentenreihe
Die Studierenden können kritische, historische Fragestellungen aufgrund der Beschäftigung mit einem Textkorpus generieren
Die Studierenden kennen computerunterstützte Auswertungsmechanismen, insbesondere topic modeling und named entity recognition und können diese erklären und (mit Unterstützung) anwenden
Die Studierenden können ihre Forschungsresultate in einem Referat zur Diskussion stellen